38 Regierungen verurteilen Internetsperren während Wahlen

Wahlzettel in einer Wahlurne in Gabun
In den vergangenen sieben Jahren haben mehr als 50 Staaten im Zusammenhang mit Wahlen das Internet blockieren lassen. (Quelle: IMAGO / Afrikimages)

Staaten weltweit sollten sich öffentlich dazu verpflichten, im Umfeld von Wahlen das Internet nicht einzuschränken. Das fordern die Mitglieder der Freedom Online Coalition auf dem diesjährigen Internet Governance Forum der Vereinten Nationen in Kyoto.

Die im Jahr 2011 gegründete Freedom Online Coalition ist ein Zusammenschluss von 38 Regierungen, die nach eigener Aussage die Internetfreiheit und die Menschenrechte im Internet stärken möchten. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kanada, Kenia und die USA.

In ihrer gemeinsamen Erklärung äußern die Staaten Sorge über den “wachsenden Trend” von vorsätzlichen Internetsperren vor, während und nach Wahlen. Sie betonen, bei Wahlen handle es sich um wichtige Meilensteine der Demokratie. Damit die Abstimmungen frei und fair durchgeführt werden können, müssten die Menschenrechte geschützt und geachtet werden – dazu zähle auch das Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit. Aber auch Rechte wie die Versammlungsfreiheit müssten geschützt werden.

Netzsperren schränken Rechte ein

Durch von Staaten verhängte Netzsperren würden diese Rechte jedoch beschnitten. So würden Menschen beispielsweise daran gehindert, Informationen abzurufen, die zur Entscheidungsfindung bei der Stimmabgabe beitragen. Und auch die Möglichkeit, sich frei zu Wahlen zu äußern werde eingeschränkt, kritisiert die Freedom Online Coalition. Zudem würde die Arbeit von Medienschaffenden und Wahlbeobachtern erschwert.

Daher würden Internetblockaden die Legitimität des Wahlprozesses bedrohen: Ein freier Informationsfluss und Meinungsäußerungen seien notwendig, um Vertrauen in den Wahlprozess aufzubauen und freie und faire Wahlen zu ermöglichen.

In ihrer Erklärung verweisen die Mitglieder der Freedom Online Coalition auch auf Expertenberichte und Untersuchungen zu den Auswirkungen von Netzsperren während Wahlperioden: So hatten beispielsweise UN-Menschenrechtsexperten im vergangenen Jahr in einem Bericht festgestellt, dass Internetsperren “dramatische Auswirkungen” auf das Leben und die Rechte von Millionen Menschen haben. Die Menschenrechtler kritisierten unter anderem, dass Netzsperren während Wahlen die öffentliche Diskussionen einschränken.

Die Freedom Online Coalition fordert daher, dass sich Regierungen weltweit öffentlich verpflichten, auf Netzsperren während Wahlperioden zu verzichten.

Fünf Blockaden während Wahlen im Jahr 2022

Die Organisation Access Now begrüßte die Stellungnahme der 38 Regierungen. Felicia Anthonio von Access Now kommentierte: “Die Forderung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Welt darauf vorbereitet, dass im Jahr 2024 in 50 Ländern gewählt wird – jetzt liegt es an den Regierungen, Menschenrechte und Demokratie an die erste Stelle zu setzen.”

“Der weltweite Druck, um Internetsperren ein Ende zu setzen nimmt zu”, sagte Laura O’Brien von Access Now.

Seit dem Jahr 2016 hat Access Now im Zusammenhang mit Wahlen mindestens 57 Internetsperren beobachtet, unter anderem in Uganda, Iran, Pakistan und Belarus. Alleine im vergangenen Jahr hatte die Organisation fünf solche Abschaltungen dokumentiert.

Erst Ende August hatten die Behörden im zentralafrikanischen Gabun während der dort stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen landesweit eine Internetblockade verhängt.

Regierungen greifen aber auch während Protesten oder humanitären Krisen zu Netzsperren – und selbst während Schulprüfungen schränken einige Staaten die Kommunikation ein. In den vergangenen Jahren hat weltweit kein anderes Land so oft das Internetsperren lassen, wie Indien.

Die Mitglieder der Freedom Online Coalition hatten sich bereits in der Vergangenheit gegen Internetsperren ausgesprochen: Zuletzt in einer Erklärung im Herbst 2022 anlässlich von Internetsperren im Iran. (js)