Drogeriekette dm wirbt nicht mehr für "umweltneutrale Produkte"

Eingang eines dm-Ladengeschäfts
Die DUH wirft dm vor, Verbraucherinnen und Verbraucher weiter zu täuschen. (Quelle: IMAGO / Lobeca)

Die Drogeriemarktkette dm verzichtet künftig auf Werbung mit der Aussage “umweltneutrales Produkt”. Dies war dem Unternehmen im Sommer 2023 gerichtlich untersagt worden – jetzt hat dm die Berufung gegen das Urteil zurückgezogen, wie die klagende Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Dienstag mitteilte. Die Organisation bemängelt aber fehlende Einsicht seitens dm, weil die Kette nun eine ähnliche Werbeaussage verwendet.

Das Landgericht Karlsruhe hatte im Juli 2023 einer Klage der DUH stattgegeben und dem Konzern untersagt, auf Verpackungen seiner Eigenmarken mit den Begriffen “klimaneutral” oder “umweltneutrales Produkt” zu werben.

Die Drogeriemarktkette war zunächst in Berufung gegangen, hatte diese aber im Oktober 2023 teils zurückgezogen und auf den Werbebegriff “klimaneutral” verzichtet. Wie die DUH nun mitteilte, hat dm nun auch die Berufung gegen das Urteil zum Werbeslogan “umweltneutrales Produkt” zurückgenommen, womit die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe rechtskräftig ist.

Greenwashing

Die DUH hatte dm sogenanntes Greenwashing vorgeworfen und bemängelt, weder auf den beworbenen Produkten noch auf der Internetseite des Konzerns seien ausreichende Informationen zur Kompensation der klimaschädlichen Emissionen beziehungsweise der Umweltauswirkungen zu finden. Das Gericht sah in seinem Urteil die Kritik als berechtigt an, dass “Verbraucher[n] wesentliche Informationen zum Verständnis dieses Begriffs” vorenthalten werden.

Das Gericht hatte außerdem die von dm zur Kompensation von Treibhausgasen ausgewählten Waldschutzprojekte, beispielsweise in Peru, als ungeeignet gerügt. Das Versprechen der Klimaneutralität könne hier nicht eingelöst werden. “Der Claim der Klimaneutralität des Produkts geht nämlich prinzipiell über das hinaus, was mittels CO2-Zertifikaten aus Waldschutz erreichbar ist”, heißt es im Urteil.

Die Richterinnen und Richter erläuterten, Kohlenstoffdioxid bleibe deutlich länger in der Atmosphäre als die Waldschutzprojekte laufen. Das von dm ausgewählte Projekt sei aber nur auf eine Laufzeit bis zum Jahr 2040 ausgelegt – um die Emissionen “dauerhaft auszugleichen, müssten kontinuierlich – auch in 100 oder 1000 Jahren – weitere entsprechende Waldschutzbemühungen unternommen werden”.

Auch in dem laut Gericht “neu kreierten” Begriff der “Umweltneutralität” sahen die Richter einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot. Denn die so beworbenen Produkte hätten keine ausgeglichene Umweltbilanz, die von den Verbrauchern jedoch erwartet werde.

Veränderter Wortlaut

Von der Verwendung dieses Begriffs nimmt dm aber auch jetzt nicht vollständig Abstand. Die DUH kritisiert, anstatt “umweltneutrales Produkt” finde sich auf zahlreichen Verpackungen von dm-Eigenmarken nun der Aufdruck “umweltneutral handeln”. Die DUH hält diese Werbeaussage ebenfalls für irreführend – und hat die Drogeriekette zur Unterlassung aufgefordert.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, kritisierte, dm habe mit Rücknahme der Berufung zwar die Gerichtsentscheidung akzeptiert – täusche Verbraucherinnen und Verbraucher aber unvermindert mit nur leicht geändertem Wortlaut.

Kritik an Werbeversprechen

Resch erklärte: “Das Versprechen ‘umweltneutraler’ Produkte geht weit über die bereits in allen erfolgreichen Klageverfahren als unzulässig entschiedenen Klimaneutralitätsversprechen hinaus. Wir werden daher der Drogeriemarktkette dm nicht durchgehen lassen, nur leicht modifiziert mit der Behauptung umweltneutralen Handelns zu werben.”

Die DUH bemängelt, unabhängig von der Frage der tatsächlichen Ausgleichbarkeit betrachte dm in seiner Umweltneutralitätsbewertung von derzeit 13 anerkannten Umweltauswirkungen lediglich fünf. Beispielsweise die Beanspruchung von Naturraum und Ressourcen, Feinstaubbildung, Energieaufwand und Wasserverbrauch würden nicht betrachtet. Dabei mache dm in der Produktwerbung auch nicht ausreichend klar, dass diese Kategorien nicht bilanziert wurden. Dadurch erwecke der Konzern weiterhin den Eindruck, die Produkte seien “insgesamt umweltneutral”.

Agnes Sauter, DUH-Leiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung, kritisierte: “Nach wie vor suggeriert dm Verbraucherinnen und Verbrauchern eine insgesamt ausgeglichene Umweltbilanz. Das trifft mitnichten zu. Mehr noch: dm verspricht eine ‘nachträgliche Kompensation’ für die ‘nachhaltig optimierten Produkte’. Dadurch wird fälschlicherweise der Eindruck der Vollkompensation erweckt.”

Die DUH ist bereits gegen eine Vielzahl von Unternehmen wegen <a href=“https://posteo.de/news/duh-geht-gegen-falsche-klimaversprechen-von-unternehmen-vor” target="_blank"falscher Klimaversprechen in der Werbung oder fehlender Aufklärung der Verbraucher erfolgreich juristisch vorgegangen. So hatten sich etwa Fleurop und Lavazza Ende letzten Jahres dazu verpflichtet, Produkte nicht mehr als “klimaneutral” zu bezeichnen. Dem Essenslieferdienst HelloFresh hat das Landgericht Berlin im Oktober 2023 verboten, sich als “erstes globales klimaneutrales Kochbox-Unternehmen” zu bezeichnen, nachdem die DUH geklagt hatte.

Im April hatte die Organisation beispielsweise auch eine Unterlassungsklage gegen die Lufthansa eingereicht. (js)