Juli 2023: Noch nie war die Welt so heiß

Sonne am Strand
Eigentlich hatte sich die Staatengemeinschaft darauf geeinigt, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten. Dieses Ziel scheint immer unrealistischer. (Quelle: IMAGO / ZUMA Wire)

Noch nie seit Messbeginn lag die Durchschnittstemperatur nach Daten des EU-Klimawandeldienstes Copernicus in einem Monat so hoch wie im Juli 2023. Copernicus-Vizedirektorin Samantha Burgess sagte am Dienstag: “Es ist seit mindestens 120.000 Jahren nicht so warm gewesen.” Dem Dienst liegen zwar nur Daten seit 1940 vor, die Klimaforschung kann das historische Klima aber unter anderem aus Baumringen, Luftblasen in Gletschern und Korallen rekonstruieren.

Die globale Durchschnittstemperatur lag im Juli bei 16,95 Grad Celsius und damit um 0,33 Grad höher als im bisherigen Rekordmonat Juli 2019, wie Copernicus am Dienstag mitteilte. Auch die Meerestemperatur lag so hoch wie nie zuvor. “Diese Rekorde haben schwerwiegende Folgen für die Menschen und den Planeten, der immer häufigeren und intensiveren Extremereignissen ausgesetzt ist”, warnte Burgess. Der weltweit bisher heißeste Tag war den Daten zufolge der 6. Juli 2023 mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 17,08 Grad.

Die Temperatur über Land lag nach den Copernicus-Daten im Juli global um 0,72 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020. Bei der Meerestemperatur rund zehn Meter unter der Oberfläche waren es 0,51 Grad mehr. Im Nordatlantik wurde sogar eine Erwärmung von 1,05 Grad gemessen. An der Oberfläche des Mittelmeers hatte Copernicus Ende Juli einen Temperatur-Rekord gemessen – eine Mediantemperatur von 28,71 Grad Celsius.

Rekordjahr erwartet

Die Copernicus-Daten beruhen auf computergenerierten Analysen, die Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einbeziehen.

Die US-Klimabehörde NOAA wird ihre Daten für Juli Mitte August veröffentlichen. Die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf schließt inzwischen nicht aus, dass das Gesamtjahr 2023 heißer wird als das bisherige Rekordjahr 2016. Damals lag die Durchschnittstemperatur 1,3 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). Seit jener Zeit schreitet die Erderwärmung durch den menschengemachten Klimawandel voran. Sie hat sich seit den 1980er Jahren stark beschleunigt.

Speziell für Deutschland war der Juli aber definitiv kein Rekordmonat, wie ein Experte des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sagte. Er war hierzulande zwar im vieljährigen Vergleich zu warm, aber weder für einen Juli noch insgesamt rekordverdächtig.

1,5-Grad-Marke zeitweise gerissen

Global betrachtet jedoch ist der Juli 2023 der erste erfasste Monat mit einer Durchschnittstemperatur von rund 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau, wie Copernicus berichtete. Die internationale Staatengemeinschaft hatte sich im Pariser Klimavertrag darauf geeinigt, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dabei geht es aber nicht um Messungen eines Monats, sondern um die Jahresdurchschnittstemperaturen über einen längeren Zeitraum. Einzelne Jahre dürften nach Berechnungen der Klimaforschung schon in wenigen Jahren darüber liegen.

Weltweit wird Experten zufolge bei weitem nicht genug getan, um den Temperaturanstieg deutlich zu begrenzen. Die bisherigen Anstrengungen würden nach UN-Angaben voraussichtlich zu einer Erwärmung von rund 2,8 Grad führen. Die WMO sieht das 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite.

In Europa steigen die Temperaturen dabei fast doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt: In den vergangenen fünf Jahren war es nach Angaben von Copernicus in Europa durchschnittlich 2,2 Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit, weltweit waren es 1,2 Grad.

Folgenreicher Wandel

Die Auswirkungen der Klimakrise sind längst weltweit spürbar und werden mit jedem, selbst nur leichten Temperaturanstieg stärker. Zu den Folgen zählen unter anderem häufigere und stärkere Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Unwetter und Überschwemmungen. Besonders weniger wohlhabende Staaten und ihre Bevölkerungen leiden besonders stark unter diesen Auswirkungen.

Zudem schmelzen weltweit Gletscher und mehr Wasser verdunstet, was Trinkwasser knapper macht. Das Eis schmilzt auch an den Polarkappen. Dadurch steigt der Meeresspiegel, was Küstenorte bedroht. Die Artenvielfalt schrumpft, weil manche Tiere und Pflanzen sich nicht schnell genug anpassen können.

Auch der Mensch ist in vielerlei Hinsicht bedroht, zum Beispiel durch hohe Temperaturen. Allein in Europa war Hitze Berechnungen zufolge im Jahr 2022 für Zehntausende Tote verantwortlich.

Die WMO rechnet die kommenden Jahre mit weiteren Rekordtemperaturen weltweit. Denn erstmals seit mehreren Jahren herrschten im tropischen Pazifik wieder El-Niño-Bedingungen. Das natürliche Wetterphänomen wird die im Zuge der Klimakrise ohnehin stetig steigenden Temperaturen zusätzlich in die Höhe treiben, hatte WMO-Chef Petteri Taalas Anfang Juli gewarnt. Auch Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel rechnet “vielleicht schon 2023” mit einem Rekordjahr bei der globalen Temperatur, “auf jeden Fall aber 2024”. (dpa / hcz)