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Hongkong: Internetriesen verweigern Personenauskünfte

Erstellt am 07.Juli 2020, 16:15 Uhr | Kategorie: News

Nach Einführung des repressiven Sicherheitsgesetzes in Hongkong wollen Facebook, Google & Co. nicht mehr mit den dortigen Behörden kooperieren.

Hongkong
Trotz massiver Proteste setzte die chinesische Regierung das neue Gesetz um. (Quelle: Studio Incendo – CC BY 2.0)

Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zum “Schutz der nationalen Sicherheit” in Hongkong gehen große Internetkonzerne auf Distanz zu der chinesischen Sonderverwaltungsregion: Chatplattformen und Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook, WhatsApp, Google, Twitter und Telegram wollen Anfragen Hongkonger Behörden nach Nutzerdaten vorerst nicht mehr nachkommen.

Facebook teilte beispielsweise mit, vor weiteren Entscheidungen zunächst Menschenrechtsexperten über die Auswirkungen des neuen Gesetzes konsultieren zu wollen.

Twitter meldete per Stellungnahme, dass man mit der Einführung des sogenannten Sicherheitsgesetzes die Bearbeitung aller Daten- und Informationsanfragen pausiert hat.

Wenn die Unternehmen nicht kooperieren, könnten ihre Dienste in Hongkong geblockt werden – so wie es bereits in der Volksrepublik China der Fall ist.

TikTok nur noch zensiert

Die populäre Videoplattform TikTok kündigte am Dienstag an, sich vom Hongkonger Markt zurückzuziehen. Das chinesische Mutterhaus ByteDance bestätigte nach chinesischen Medienberichten, dass der internationale TikTok-Dienst “angesichts der jüngsten Ereignisse” in Hongkong eingestellt werde. Die zensierte und in der kommunistischen Volksrepublik verfügbare chinesische Version Douyin werde hingegen in Hongkong weiter betrieben.

ByteDance versucht dadurch weiterhin die internationale Plattform TikTok von der chinesischen Version Douyin formal zu trennen. Das chinesische Unternehmen wird im Ausland wegen einer möglichen Nähe zu Chinas Behörden und dem Umgang mit persönlichen Daten mit Argwohn betrachtet.

Indien hat TikTok und 58 weitere chinesische Apps Ende Juni sogar verboten. Hintergrund war der aktuelle Grenzstreit mit China.

Gesetz gegen oppositionelle Kräfte

Der Nationale Volkskongress in China hatte das Sicherheitsgesetz letzte Woche trotz massiver nationaler und internationaler Proteste verabschiedet. Das neue Gesetz sieht vor, dass Dienste-Anbieter auf Anfrage “Identifikationsnachweise oder Hilfe bei der Entschlüsselung zur Verfügung stellen” müssen.

Das weitgehende, drakonische Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die aus Pekinger Sicht als separatistisch, subversiv und terroristisch betrachtet werden. Es gibt chinesischen Sicherheitsorganen weitreichende und unkontrollierte Vollmachten in Hongkong, ermöglicht eine Auslieferung nach China und sieht als Höchststrafe lebenslange Haft vor.

Menschenrechtsorganisationen warnen vor dem neuen Gesetz, da es äußerst repressiv ausgelegt ist. Amnesty International Deutschland kommentierte: “Hongkong steht eine zutiefst verunsichernde Zukunft bevor, in der die Freiheiten vieler Staatsangehöriger in fundamentaler Weise unter Beschuss geraten und die bisherigen Brandmauern gegen eine repressive Politik der Zentralregierung einzustürzen drohen.” Mit der Gesetzesänderung gehe die Sorge einher, dass sich Hongkong in eine Art Polizeistaat verwandelt.

Das Ende der Autonomie

Seit der Rückgabe Hongkongs an China 1997 wurde die ehemals britische Kronkolonie nach dem Grundsatz “ein Land, zwei Systeme” als eigenes Territorium autonom regiert. Mit dem Gesetz und dem eigenmächtigen Einsatz der chinesischen Staatssicherheit in Hongkong werden die bisher gewährten Freiheiten und Rechte der Hongkonger nach Einschätzung von unabhängigen Juristen allerdings stark beschnitten. Kritiker sehen heute nur noch “ein Land, ein System”.

Auf Grundlage des seit letzte Woche Mittwoch geltenden Gesetzes wurden bereits mehrere Hundert Oppositionelle der Demokratiebewegung verhaftet.

Die Intransparenz rund um das Gesetz und seine Umsetzung dauert währenddessen weiter an: Regierungschefin Carrie Lam betonte, dass die dafür neu geschaffene Sicherheitskommission in Hongkong geheim arbeiten werde. Auch beantwortete sie Fragen von Journalisten über die Zukunft der Pressefreiheit nur ausweichend. Sie wolle keine Garantie geben, weil die Journalisten ihr auch keine 100-prozentige Garantie geben würden, dass sie nicht gegen das Gesetz verstoßen würden. (dpa / hcz)