Facebook verbannt gewalttätige Organisationen
Erstellt am 07.Oktober 2020, 16:46 Uhr | Kategorie: News
Gruppen und Inhalte der teils gewaltbereiten QAnon-Bewegung werden auf Facebook in Zukunft gelöscht. Auch andere militante Organisationen finden dort keinen Platz mehr.
Facebook verschärft sein Vorgehen gegen die Verschwörungsmythen-Bewegung QAnon und andere militante Gruppen, die zur Gewalt aufrufen. Künftig sollen alle derartigen Facebook-Seiten und -Gruppen sowie alle Instagram-Accounts gelöscht werden, wie das Online-Netzwerk am Dienstag mitteilte. Mitte August hatte Facebook zunächst nur angekündigt, gegen QAnon-Anhänger vorzugehen, wenn sie Gewalt androhen oder sich darüber unterhalten; nun sollen die Inhalte generell entfernt werden.
Das Unternehmen hat nach eigener Aussage bereits über 1500 QAnon-Seiten und -Gruppen sowie über 6500 Seiten und Gruppen von über 300 militanten Bewegungen gelöscht. Auch die dazugehörigen Admin-Accounts werden weiter deaktiviert.
Facebook braucht Zeit
Um den Bewegungen einen Riegel vorzuschieben, hat Facebook eine eigene Arbeitsgruppe ins Leben gerufen (“Dangerous Organizations Operations team”). Sie werde weiter dafür sorgen, dass die neuen Richtlinien in dem sozialen Netzwerk durchgesetzt werden. Laut dem Unternehmen dauere es aber noch Tage oder Wochen, bis alle Inhalte von der Plattform verschwunden sind. Bei den zuständigen Mitarbeitern handele es sich um Spezialisten, die neue Entwicklungen untersuchen und darauf reagieren. Die Untersuchungen dieser Arbeitsgruppe hätten zu besseren Ergebnissen geführt, als Benutzerberichte zu sichten.
Zu der jetzigen Verschärfung hätten neue Probleme nach der Richtlinien-Reform im August geführt. So seien beispielsweise QAnon-Inhalte aufgetaucht, die zu Schäden in der realen Welt geführt hätten. Verschwörungs-Anhänger hatten beispielsweise behauptet, die Waldbrände an der Westküste seien von bestimmten Gruppen bewusst gelegt worden. In der Folge waren Einsatzkräfte behindert worden, die die Brände bekämpften und die Öffentlichkeit schützen wollten. Außerdem hat die Arbeitsgruppe damit zu kämpfen, dass sich die Botschaften von QAnon sehr schnell ändern. Unterstützer-Netzwerke würden mit einer Nachricht ein Publikum aufbauen, nur um dann schnell wieder zu einem anderen Thema zu wechseln.
Zu bestimmten Suchbegriffen und Hashtags, die von QAnon missbräuchlich genutzt werden wie #savethechildren, bietet Facebook nun Verweise auf ernstzunehmende Quellen zur Kindersicherheit an. Diese bieten auch die Möglichkeit der Mithilfe Interessierter. Inhalte zu QAnon und Kindersicherheit werden externen Fakten-Checks unterzogen.
Die Kinderfolterbluthormone
Die zentrale Behauptung der QAnon-Anhänger ist, dass es eine Verschwörung gegen Präsident Donald Trump im US-Regierungsapparat gebe. Außerdem behaupten sie oft, prominente Politiker der Demokratischen Partei in den USA ließen sich mit verjüngenden Hormonen behandeln, die aus dem Blut von gefolterten Kindern gewonnen würden.
QAnon hat in den vergangenen Monaten weiter an Bekanntheit in den USA gewonnen. Bei den Parlamentswahlen, die zusammen mit der Präsidentenwahl am 3. November anstehen, sind auf Seiten der Republikaner mehrere Kandidaten im Rennen, die Sympathien für QAnon-Ideen zeigen.
Facebook unter Handlungsdruck
Mitte des Jahres mehrte sich die Kritik, dass Facebook zu wenig gegen gewaltbereite Inhalte im eigenen Netzwerk unternehme. Sogenannte Fake News (Lügen) grassierten teils unkontrolliert auf der Plattform und wurden gleichberechtigt neben seriösen Nachrichten dargestellt.
Beispielsweise konstatierte eine Studie von Bürgerrechtlern, dass Facebook zu wenig unternehme, um Bürgerrechte zu schützen und Diskriminierung zu verhindern. Außerdem seien manche Entscheidungen entgegen anders lautender Empfehlungen von Bürgerrechtlern getroffen worden.
Mehrere weltweit agierende Konzerne hatten sich außerdem zu einem Werbeboykott zusammengeschlossen, um das Netzwerk zu einem entschlosseneren Vorgehen gegen Hass und Fake News zu bewegen.
Die nun veröffentlichten neuen Richtlinien dürften auch ein Ergebnis dieses Drucks darstellen.
Auch in Deutschland nutzen rechtsextreme und demokratiefeindliche Bewegungen Facebooks Infrastruktur. So hat das Journalismusprojekt Correctiv jüngst aufgedeckt, wie rechte Gruppen Instagram gezielt dazu nutzen, ihre Botschaften subtil an ein junges Publikum zu vermitteln. (dpa / hcz)