Iran: Bekannte Journalistinnen müssen wieder ins Gefängnis

Bild von Hamedi bei einer Protestaktion
Die beiden Journalistinnen gehörten zu den ersten, die über den Tod der jungen Kurdin Mahsa Jina Amini im Jahr 2022 berichtet hatten, der landesweite Proteste im Iran ausgelöst hatte. (Quelle: IMAGO / ABACAPRESS)

Die iranischen Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi müssen zurück in Haft. Die iranische Justiz hat Berichten zufolge in der vergangenen Woche angekündigt, die jeweils gegen die Frauen verhängte fünfjährige Haftstrafe zu vollstrecken. Auch die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi wurde im Iran zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt.

Die Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi waren Anfang des Jahres noch auf Kaution freigelassen worden, nachdem sie zuvor 17 Monate im Gefängnis gesessen hatten. Medienberichten zufolge müssen sie nun aber erneut ins Gefängnis.

Beide Frauen hatten mit als erste über den Tod von Mahsa Amini berichtet: Hamedi für die Tageszeitung “Shargh Daily” und Mohammadi für die Zeitung “Ham Mihan”.

Landesweite Proteste nach Nachricht über Tod

Die 22-jährige Mahsa Amini war im September 2022 von der sogenannten Sittenpolizei inhaftiert worden, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht vorschriftsmäßig getragen hatte. Am 16. September 2022 war die 22-Jährige nach der Verhaftung durch die Sittenpolizei verstorben. Ihr Tod hatte landesweite Proteste gegen das Regime ausgelöst.

Die Reporterin Nilufar Hamedi hatte damals erfahren, dass die junge Frau in die Notaufnahme eines Krankenhauses in der Hauptstadt Teheran eingeliefert wurde. Vor Ort hatte sie Aminis Eltern getroffen, die erst kurz zuvor vom Tod ihrer Tochter erfahren hatten. Hamedi fotografierte die trauernden Eltern und veröffentlichte das Foto in den sozialen Medien.

Nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) erfuhr die Welt durch dieses Foto vom Schicksal Aminis.

Auch Elahe Mohammadi hatte früh von Mahsa Aminis Tod erfahren und Kontakt zu ihrer Familie aufgenommen. Als einzige Journalistin berichtete sie von der Beerdigung der jungen Frau.

2022 verhaftet

Beide Journalistinnen wurden noch im September 2022 festgenommen und später wegen ihrer Berichterstattung angeklagt. Ein Gericht hatte die Frauen im Oktober 2023 daraufhin zu langen Haftstrafen verurteilt: Nilufar Hamedi sollte ursprünglich für 13 Jahre ins Gefängnis, Elahe Mohammadi für 12 Jahre.

Ihnen war unter anderem eine Zusammenarbeit mit den USA vorgeworfen worden – dieser Anklagepunkt wurde laut der iranischen Justiz jedoch wieder fallen gelassen. Die Verurteilungen wegen angeblichen Verstoßes gegen die nationale Sicherheit sowie “Propaganda gegen den Staat” wurden hingegen aufrechterhalten. Nach Angaben von RSF müssen beide Frauen daher jeweils fünf Jahre lang in Haft.

Jonathan Dagher von RSF kommentierte: “Die juristische Farce, zwei der bekanntesten Journalistinnen des Landes zu verfolgen, geht weiter.” In den vergangenen Monaten habe den Reporterinnen jeden Moment eine Inhaftierung gedroht – nun sei dieser Moment gekommen. “Wir verurteilen die Anordnung zur Rückkehr ins Gefängnis und fordern die iranische Justiz auf, alle Anklagen gegen sie fallen zu lassen und ihnen volle und bedingungslose Freiheit zu gewähren”, so Dagher.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte die iranischen Behörden ebenfalls auf, die Haftstrafen nicht zu vollstrecken.

Laut HRW haben zudem mehr als 500 iranische Medienschaffende, Künstlerinnen und Künstler sowie Aktivistinnen und Aktivisten einen Brief unterzeichnet, indem der Leiter der Justiz aufgefordert wird, die Vollstreckung der Urteile zu stoppen.

Weitere Haftstrafe für Friedensnobelpreisträgerin

Unterdessen wurde am Sonntag bekannt, dass die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi in ein Krankenhaus verlegt wurde. Sie ist derzeit im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran inhaftiert. Sie leidet an Herzproblemen und im August wurde zudem bekannt, dass sie im Gefängnis misshandelt wurde.

Die Free Narges Coalition, der auch RSF angehört, forderte ihre bedingungslose Freilassung und uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Die bloße Verlegung in ein Krankenhaus werde nicht ausreichen, ihre schweren gesundheitlichen Probleme zu behandeln, die durch monatelange Vernachlässigung verursacht worden seien.

Erst Ende vergangener Woche hatte der NGO-Zusammenschluss mitgeteilt, dass die Menschenrechtsaktivistin zu weiteren sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Ihr war “Ungehorsam” vorgeworfen worden, nachdem sie gemeinsam mit anderen Häftlingen gegen die Hinrichtung eines Demonstranten protestiert hatte. Bereits in den vergangenen Monaten wurde sie wiederholt zu weiteren Haftstrafen verurteilt.

Narges Mohammadi ist für ihren Einsatz gegen den Kopftuchzwang und die Todesstrafe bekannt. Im Jahr 2023 wurde sie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Laut RSF ist sie eine von fünf Journalistinnen, die derzeit im Iran inhaftiert sind.

Die Organisation hatte erst im September kritisiert, dass Medienschaffende im Iran auch unter dem neuen Präsidenten Massud Peseschkian strafrechtlich verfolgt werden. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RSF belegt der Iran Rang 176 von 180 Staaten. (js)